Hintergrundmaterial zu Mythos
Nora Tilly im Archivo General de Indias, Sevilla, Spanien
Spanische Schatzflotte von 1715
Die Informationen über die spanische Schatzflotte von 1715 gehen auf
eine ganze Reihe von Quellen zurück, zum Beispiel den Artikel „The
Spanish Camp Site and the 1715 Plate Fleet Wreck“ von Marion Clayton
Link von der Binghamton University - State University of New York, USA,
das Buch des Schatzsuchers und Unterwasserarchäologen Robert F. Marx,
Shipwrecks in the Americas, Informationen auf die 1715 Fleet Society unter
http://www.1715fleetsociety.com/ sowie des National Park Service des U.S.
Department of the Interior unter http://www.nps.gov/history/Nr/twhp/wwwlps/lessons/129shipwrecks/129facts2.htm.
Im Jahre 1715 trafen sich im Hafen von Havanna zwei spanische Flotten. Es
waren die Galeones de Tierra Firme, die zuvor in Porto Bello und Cartagena
Gold, Silber, Edelsteine und andere Schätze aus Peru, Venezuela und
Neu-Granada an Bord genommen hatten. Das Kommando über die sechs Schiffe
hatte Generalkapitän Don Antonio de Echebera y Zubiza. Dazu kamen unter
Generalkapitän Don Juan Esteban de Ubilla fünf Schiffe der Flota
de Nuevo Espania, die in Veracruz Schätze aus Mexiko geladen hatten
sowie Waren aus Manila, die nach ihrer Reise über den Pazifik von Acapulco
aus mit Maultieren nach Veracruz transportiert worden waren. Als zwölftes
Schiff schloss sich die französische Fregatte Grifon an.
Die Schiffe verließen am frühen Morgen des 24. Juli den Hafen
von Havanna und segelten in Richtung Osten durch den Golf von Mexiko in
den engen Bahama-Kanal zwischen Kuba und Florida, bis sie die Florida Keys
als Orientierungspunkte nutzen konnten. Beschränkt auf Kompass, Astrolabium,
Quadranten und die Messung des Breitengrades nutzten die spanischen Steuermänner,
wo immer es ging, die Küste zum Navigieren.
Dann ließen sie sich vom Floridastrom langsam durch die Floridastraße
in Richtung Norden treiben - weiterhin in Sichtweite der Küste. Nachdem
die Schiffe die Bahamas passiert hatten, wollten sie den Golfstrom nutzen.
Fünf Tage verliefen ereignislos. Bevor der Konvoi jedoch in Richtung
Osten zu den Bermudas und weiter zu den Azoren segeln konnte, veränderte
sich das Wetter. Die See war glatt, aber mit hoher Dünung aus Südosten.
In der Nacht zum 30 Juli drehte ein Hurrikan auf die Ostküste Floridas
zu. Am Morgen erreichten die ersten Ausläufer die Schiffe. Am späten
Nachmittag trieben der Wind und zwanzig Fuß hohe Wellen den Konvoi
langsam auf die Küste mit ihren Riffen und Untiefen zu. In der Nacht
wurde der Sturm immer stärker und und gegen vier Uhr morgens, am 31.
Juli, jagte der Hurrikan mindestens neun der Schiffe vor sich her auf den
Strand zu, wo sie bis auf die Urca de Lima zerschellten. Die Urca lief auf
Grund, blieb jedoch heil. Zwei weitere Schiffe des Konvois verschwanden
auf See, das Schicksal des französischen Handelsschiffes ist nicht
eindeutig geklärt. Mehr als 1000 der etwa 2500 Menschen an Bord der
Schiffe starben. Die übrigen retteten sich an Land und harrten dort
aus, bis Hilfe kam.
Das Wrack der Nuestra Señora del Rosario y San Francisco Xavier,
das Nora Tilly sucht, ist möglicherweise das sogenannte „Sandy
Point Wreck“ vor dem Strand von Vero Beach im Norden von Fort Pierce.
Ganz sicher ist die Identität des Schiffes allerdings noch nicht.
Die Katastrophe wurde von den spanischen Behörden intensiv untersucht.
Augenzeugenberichte wurden gesammelt. Was Nora Tilly liest, ist Originaldokumenten
nachempfunden aus dem Indienarchiv in Sevilla, die man unter der Sektion
Consulado de cargadores a Indias. Flotas y tráfico mercantil, Referenzcode
ES.41091.AGI/15.885//CONSULADOS,853 findet: Naufragio de la flota de don
Juan de Ubilla en el Palmar de Ayx (Florida) en 1715: - Testimonios de autos
relativos al naufragio de esta flota.
Unter der Sammlung Naufragios (1592-1797). Vid. tb. legajos 465 a 503 y
libros 158 a 168 findet man Augenzeugenberichte wie etwa den Brief des Besitzers
der Urca de Lima, Don Miguel de Lima y Melo vom 19 Oktober 1715 an den Vizekönig
von Neuspanien. Außerdem gibt es dort die Registros de diferentes
naos de esta flota - also Informationen über die Schiffe selbst.
Regulierung der Schatzsuche in Florida
Die Regierung von Florida hat 2009 die „Rule 1A-31“ eingeführt,
die die private Schatzsuche reguliert. Das Tauchen an Schiffswracks ist
demnach erlaubt, doch zur Untersuchung einer vielversprechenden Stelle des
Meeresbodens und der Bergung von archäologischem Material wird eine
Genehmigung benötigt.
https://www.flrules.org/gateway/ChapterHome.asp?Chapter=1A-31
https://www.flrules.org/gateway/readFile.asp?sid=3&tid=6947836&type=1&File=1A-31.0015.htm
Der Brief des Gaspar Riz de Santo Galo
Der Brief des fiktiven Schweizer Landsknechts Gaspar Riz bzw. Caspar Ritz
ist nach dem Vorbild von Berichten formuliert, die der deutsche Konquistador
Philipp von Hutten zwischen 1534 und 1541 von Venezuela aus in seine Heimat
geschickt hat. Die Papiere wurden 1996 von Friedrich Karl von Hutten und
dem Historiker Eberhard Schmitt von der Universität Bamberg veröffentlicht.
(„Das Gold der Neuen Welt“, Verlag Frankenschwelle, Hildburghausen).
Die Quartana, unter der Ritz litt, ist die Malaria - genauer die Malaria
quartana, bei der es alle drei bis vier Tage zu Fieberschüben kommt.
Mit Tierra firme wurde in dieser Zeit die Region von Panama und der Norden
Südamerikas bezeichnet. So hieß der Teil der spanischen Schatzflotte,
der dort seine Ladung an Bord nahm, Galeones de Tierra Firme. Die Schiffe
der Flota de Nueva España (Neuspanien) segelten dagegen nach Veracruz
in Mexiko.
Bartolomé de Las Casas
Wer sich mit dem Dominikanermönch Bartolomé de Las Casas beschäftigt,
lernt vor allem eines: Die Konquista steht zwar für die gewaltsame
Eroberung Süd- und Mittelamerikas durch Spanier und Portugiesen, für
Unterdrückung, Versklavung und Ausbeutung der ursprünglichen Bevölkerung.
Allerdings gab es schon zu dieser Zeit in Europa eine Diskussion darüber,
ob man die neu entdeckten Territorien überhaupt für sich in Anspruch
nehmen und wie man mit den Einheimischen umgehen durfte.
Der Eindruck, dass die Spanier über die bekannten Grausamkeiten gewöhnlicher
Eroberungszüge hinaus Gräueltaten an den Indios begangen haben,
geht vor allem auf Las Casas zurück. Heute gehen viele Fachleute zwar
davon aus, dass viel mehr Einheimische an Infektionskrankheiten gestorben
sind, die von den Europäern eingeschleppt wurden, als dass sie Opfer
von Massakern waren. Doch Massaker gab es sicher, und es ist unklar, wie
viel von den Berichten, die Las Casas für seinen "Kurz gefassten
Bericht von der Verwüstung der westindischen Länder" gesammelt
hatte, tatsächlich der Wahrheit entsprechen. Immerhin war Las Casas
selbst Konquistador gewesen und Zeitgenosse der Spanier, die er der Verbrechen
beschuldigte.
Schon bald nach der Eroberung von Hispanola und Kuba und der Entdeckung
des Festlandes hatten in Spanien Theologen und Juristen begonnen, darüber
zu diskutieren, welche Legitimation man eigentlich hatte, die Neue Welt
zu besiedeln. Schließlich lebten dort ja schon Menschen, es existierten
hoch entwickelte Kulturen. Es ging darum, zu klären, ob man diesen
Indios Menschenrechte und ihren politischen Systemen einen Anspruch auf
Souveränität zugestehen müsste. Das Ziel der Diskussion war
aber, wie man zugeben muss, für die spanische Krone die Rechtsgrundlage
und die moralische Legitimation für das zu schaffen, was bereits geschehen
war und noch geschah. Es ging nicht wirklich darum, die Konquista in Frage
zu stellen. Aber während dieses Streits wurden von Seiten der Kritiker
Ansichten formuliert, die bereits dem modernen Begriff des Völkerrechts
ähneln. Bartolomé de Las Casas zum Beispiel ging davon aus,
dass alle Völker Menschenrechte beanspruchen konnten und dass Herrschaftssystemen
wie denen der Azteken in Mexiko und der Inka in Peru Souveränität
hätte zugesprochen werden müssen. Es gab unter den Spaniern also
tatsächlich Menschen, die es lieber gesehen hätten, wenn Karl
V. mit Montezuma oder Atahualpa diplomatische Beziehungen aufgenommen hätte,
statt ihre Reiche und Schätze für die Krone in Besitz zu nehmen.
Las Casas war nicht von Anfang an dieser Ansicht gewesen. Er war 1502, mit
17 Jahren, in die Neue Welt aufgebrochen. Auf Hispanola (heute Haiti/Dominikanische
Republik) angekommen, nahm er an mehreren Strafexpeditionen gegen aufrührerische
Indios teil. Dafür erhielt er eine sogenannte Encomienda. Das bedeutete,
er war nun im Besitz eines Stücks Land und einer Anzahl von Indios,
die für ihn arbeiten mussten - de facto waren sie seine Sklaven. 1506
reiste er nach Europa, wurde Jurist und zum Priester geweiht. Dann kehrte
er auf seinen Besitz auf Hispanola zurück. 1510 tauchten dort Dominikaner
auf und kritisierten das ausbeuterische System der Encomienda. Vor allem
eine Predigt von Antonio Montesino sorgte für Aufregung unter den Kolonisten.
„Allesamt“, erklärte Montesino, „befindet ihr euch
im Stande der Todsünde. Darin lebt und sterbt ihr, wegen der Grausamkeit
und der Tyrannei, die ihr gegenüber diesen unschuldigen Menschen walten
lasst. Mit welchem Recht und mit welcher Gerechtigkeit haltet ihr diese
Indianer in solch einer grausamen und schrecklichen Sklaverei? Mit welcher
Berechtigung habt ihr dermaßen verabscheuungswürdige Kriege gegen
diese Menschen geführt, die in ihren einzig endlosen Ländern still
und friedlich lebten? Sind denn diese keine Menschen? Haben sie denn keine
vernunftbegabten Seelen? Habt ihr denn nicht die Pflicht, sie zu lieben
wie euch selbst? Ihr versteht das nicht? Seid sicher: In dem Zustand, in
dem ihr euch befindet, könnt ihr nicht mehr gerettet werden als die
Mauren und Türken, denen ja der Glaube an Jesus Christus abgeht und
die auch nicht glauben wollen." (Quelle: Gustavo Gutiérrez,
Gott oder das Gold. Der befreiende Weg des Bartolomé de Las Casas.
Herder Verlag, Freiburg 1990)
Die Kolonisten waren außer sich vor Zorn auf die Mönche. Las
Casas aber war von Montesino beeindruckt. Trotzdem nahm er 1512 und 1513
als Feldkaplan an der Eroberung von Kuba teil, bei der es zu einer Reihe
von Massakern unter den Inselbewohnern kam. Wieder erhielt Las Casas für
seine Dienste eine Belohnung: Ein Dorf mit Plantagen und Goldminen auf Kuba,
inklusive der notwendigen einheimischen Arbeitskräfte. Doch sein Blick
auf das brutale Verhalten der Konquistadoren hatte sich verändert.
Er war Zeuge eines Massakers an mehr als 2000 Indios geworden, an deren
Leiber spanische Soldaten lediglich die Schärfe ihrer Schwerter hatten
prüfen wollen. Und das hatte ihn mit Grauen erfüllt.
1514 wurde Bartolomé de Las Casas schließlich gebeten, am Pfingstfest
zur Einweihung der Stadt Sancti Spíritus auf Kuba die Predigt zu
halten. Bei den Vorbereitungen darauf stieß er auf eine Stelle im
Buch Jesus Sirach im Alten Testament: Kärgliches Brot ist der Lebensunterhalt
der Armen, wer es ihnen vorenthält, ist ein Blutsauger. Den Nächsten
mordet, wer ihm den Unterhalt nimmt, Blut vergießt, wer dem Arbeiter
den Lohn vorenthält.
Dieses Zitat wurde für Las Casas zur Offenbarung. Er erkannte in den
Indios, die auf seinen Plantagen und seinen Minen arbeiten mussten, die
Armen wieder, von denen hier die Rede ist, und sich selbst in der Rolle
des Blutsaugers und Mörders. Er gab seinen Besitz auf und forderte
in seiner Predigt von seinen Landsleuten, es ihm gleichzutun.
Zwar waren schon Gesetze in Kraft, die die Indios schützen sollten.
Die Anwendung von Gewalt war den Kolonisten verboten. Nur den Beamten war
es erlaubt, Zwang auszuüben und Strafen zu verhängen. Doch die
spanischen Kolonisten hielten sich nicht daran, sondern folgten dem Motto:
Gott ist im Himmel, der König weit, und hier befehle ich. Nachdem Karl
I., der spätere Kaiser Karl V., König von Spanien geworden war,
gab er Las Casas den Auftrag, in den eroberten Gebieten Reformen einzuleiten.
Eine Aufgabe, die an den Widerständen der Spanier in den Westindischen
Kolonien scheiterte. 1520 versuchte Las Casas, zusammen mit weiteren Dominikanern
und Franziskanern ein Gebiet an der Küste der Provinz Venezuela in
eine Art friedliche Modellkolonie zu verwandeln. Das Projekt scheiterte
- aufgrund der Überfälle von Sklavenjägern. 1522 trat Las
Casas in den Predigerorden ein. Damit er demonstrieren konnte, dass gewaltfreie
Missionierung möglich und sinnvoll war, überließ ihm der
Gouverneur von Guatemala, Alonso Maldonado, 1537 für fünf Jahre
ein Gebiet, in dem die kriegerische Bevölkerung heftigen Widerstand
gegen die Spanier leistete. Es handelte sich um Tuzutlán (Tuzulutlán)
im heutigen Costa Rica am Golf von Honduras. Für fünf Jahre durfte
kein Spanier das nun Verapaz genannte Gebiet betreten - es sei denn, es
handelte sich um einen Mönch. Las Casas gewann das Vertrauen der Bevölkerung,
nachdem er die Sprache der Einheimischen gelernt hatte. Die Dominiker sorgen
dafür, dass die Indios die Herrschaft der Krone anerkannten und Tribut
zahlten. 1538 wurde er vom Bischof von Guatemala, Francisco Marroquín,
nach Mexiko geschickt, wo er sich im August 1539 aufhielt und dann zurück
nach Spanien, um weitere Dominikaner für die Arbeit in den Kolonien
zu gewinnen.
Vermutlich Ende 1539 oder Anfang 1540 segelte Las Casas erneut nach Spanien
zurück. 1542 ließ der Kaiser unter dem Eindruck von Las Casas
Berichten von der Junta de Valladolid eine neue Gesetzgebung erarbeiten,
die die Kolonialverwaltung reformieren sollte: die Leyes Nuevas, die neuen
Gesetze. Las Casas war noch nicht zufrieden. Er kämpfte weiter für
die Rechte der Indios und gegen die Sklaverei. 1544 wurde er Bischof von
Chiapas in Mexiko und bemühte sich, die neuen Gesetze durchzusetzen
- gegen den erbitterten Widerstand der Kolonisten. Ein Jahr später
hob Karl V. die Leyes Nuevas zum großen Teil wieder auf, da er Geld
brauchte für den Kampf gegen Türken und Protestanten. Er hatte
deshalb kein Interesse an Unruhen in der Neuen Welt, die den Gold- und Silberstrom
von dort hätten schmälern können. Las Casas kehrt daraufhin
1547 nach Europa zurück, um dort für die Rechte der Indios zu
kämpfen.
1550 kam es zu dem berühmten „Streitgespräch von Valladolid“
zwischen Las Casas und dem Humanisten Juan Ginés de Sepúlveda,
der in den Indios Menschen sah, die den Europäern von Natur aus unterlegen
waren. Menschen, die man auf der Grundlage der natürlichen Ordnung
bekriegen, missionieren und versklaven durfte.
Las Casas erklärte, dass es der Lehre Christi widerspreche, zu Missionszwecken
Kriege zu führen. Leute wie Sepúlveda hätten nichts vom
Gebot der Liebe gelernt. Darüber hinaus forderte Las Casas sogar, den
Indios in Peru Schadenersatz zu zahlen und die Herrschaft der Inka wieder
herzustellen. Durchsetzen konnte er sich bekanntlich nicht. Las Casas starb
1566 mit 82 Jahren friedlich in seinem Bett im Kloster Nuestra Señora
de Atocha bei Madrid.
Der Prozess der Seligsprechung des Bartolomé de Las Casas
Für viele Gläubige ist Bartolomé de Las Casas einer der
ersten Sozialreformer und Vertreter der Menschenrechte. Übrigens obwohl
er die Verwendung afrikanischer Sklaven anstelle der Indios empfohlen hatte.
Er rechtfertigte dies mit dem Druck, unter den ihn die spanischen Kolonisten
gesetzt hatten, und weil die Indios sich in einer extremen Notlage befunden
hätten. Er betonte allerdings, dass er niemals einen uneingeschränkten
Sklavenhandel unterstützt hätte. Seine Position hier war und ist
umstritten. Zudem wurde er in Spanien lange Zeit wegen seiner Kritik an
seinen grausamen Landsleuten nicht gerade geschätzt. Das reduzierte
die Motivation in Europa, ihn seligzusprechen. Er war außerdem nicht
als Märtyrer gestorben und von Wundern, die auf ihn zurückgehen,
ist nichts bekannt. Deshalb kam er für die Seligsprechung lange Zeit
überhaupt nicht in Frage, obwohl die Dominikaner sich schon lange dafür
einsetzen. In der evangelischen und anglikanischen Kirche ist Las Casas
längst seliggesprochen.
Seit den 1970er Jahren gab es intensive Bemühungen der Dominikaner,
das Leben ihres berühmten Ordensbruders umfassend zu studieren und
auszuleuchten. Der Dominikaner Innocentius Venchi übernahm 1976 die
Aufgabe des Generalpostulators, der sich im Namen des Ordens bei der Kongregation
für die Selig- und Heiligsprechung, der Congregatio de Causis Sanctorum
in Rom, für die Seligsprechung von Las Casas einsetzte.
Etwa 30 Jahre später führte die Arbeit zu einem ersten Erfolg.
Der für die Kanonisierung notwendige Prozess begann offiziell am 2.
Oktober 2002 mit der ersten Stufe auf dem Diözesan-Niveau mit einer
Messe des Erzbischofs Fray Carlos Amigo Vallejo (OFM) in der Kirche des
Konvents von San Pablo in Sevilla. Zuvor hatte der Erzbischof von Madrid,
Antonio María Kardinal Rouco Varela, seine Zustimmung gegeben, dass
das Ordinariat von Sevilla mit der Überprüfung des Lebens von
Las Casas beginnen könnte.
Vallejo bat die Bischofskonferenzen mehrerer Länder und etliche Orden
und Organisationen erfolgreich, die Arbeit zu unterstützen. Der Dominikaner
Herminio de Paz Castaño aus Sevilla übernahm die Aufgabe des
Vize-Postulator. Die Aufgabe aller Beteiligten war und ist nun, Informationen
über Las Casas zu sammeln und zu veröffentlichen, Kongresse und
Studien zu seinem Leben zu organisieren, die Bedeutung seiner Doktrinen
in Fragen der Bewahrung des Friedens zu beleuchten. Und Kranke und Bedrängte
sollen ihn bitten, sich vor Gott für sie zu verwenden. Sollten sie
dank seiner Fürsprache genesen, so könnte dies ein für die
Kanonisierung hilfreiches Wunder sein. Über solches ein Wunder wurde,
anders als im Buch, bislang allerdings nichts bekannt.
Das Wunder von Jaén
Das Wunder ist natürlich nie geschehen. Aber Missionsdominikanerinnen
vom heiligen Sixtus (Domenicane Missionarie di San Sisto) gibt es tatsächlich,
und sie leisten im Vikariat der peruanischen Provinzhauptstadt Jaén
von ihrem Haus Inmaculado Corazón de María aus Gemeinde- und
Missionsarbeit. Es wäre nicht abwegig, dass es wie im Buch in der Umgebung
ein weiteres kleines Ordenshaus geben könnte. In der Arztpraxis des
Vikariats arbeiten Ärzte der Stadt kostenlos stundenweise, weil viele
Peruaner nicht über eine Krankenversicherung verfügen.
Bartolomé de las Casas und Juan de la Torre
Als Las Casas sich auf den Weg nach Spanien machte, um Mitstreiter zu rekrutieren
und Kaiser Karl V. von seinen Erfolgen in Guatemala zu berichten, begann
er seine Reise wahrscheinlich im Winter 1539. Ein Empfehlungsschreiben an
Karl V., das der Interims-Governeur Maldonado dem Dominikaner mitgab, ist
datiert auf 16. Oktober 1539, und in einem Brief des Governeurs Pedro de
Alvarado aus dem November dieses Jahres kündigt dieser ebenfalls die
Abreise des Mönchs an.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er in Santo Domingo eine Weile auf die
Abreise eines Schiffes nach Spanien warten musste, da seit 1526 wegem Piratenüberfällen
kein spanisches Handelsschiff mehr allein segeln durfte, sondern nur noch
im Konvoi. Juan de la Torre, der ebenfalls nach Europa zurückkehren
wollte, hätte - wenn es ihn gegeben hätte - in Santo Domingo also
auf den Dominikaner treffen können. Und er hätte ihm von den Gräueltaten
unter Pedro de Alvarado erzählen können, über die Las Casas
in seinem 1542 fertiggestelltes Buch „Brevísima relación
de la destrucción de las Indias“ (Kurzgefasster Bericht von
der Verwüstung der Westinidischen Länder) berichtete. Wieso der
Brief von Caspar Ritz an Philipp von Hutten, den de la Torre dem Dominikaner
übergeben sollte, in das Original des Manuskripts „Historia General
de las Indias“ geraten sein könnte, darüber lässt sich
nur spekulieren.
Ein Gemälde Las Casas’ hängt tatsächlich im Archivo
General.
Die Informationen zu Las Casas sind allgemein bekannt. Sie lassen sich in
etlichen Veröffentlichungen und Biografien nachlesen. Das Datum des
Maldonado-Briefes findet sich zu Beispiel in "The Life of Bartolomé
de Las Casas and the First Leaves of American Ecclesiastical History"
von RBV. Louis Anthony Dutto 1902. Der Brief von Pedro de Alvarado wird
hier datiert: „The Spanish Struggle for Justice in the Conquest of
America“ von Lewis Hanke, 1949.